Freitag, April 28, 2006

We Feed The World


Zur Abwechslung mal ein Film – passend zum letzten Buch (siehe unten). Gestern ist „We feed the world“ angelaufen, ein Film aus Österreich, in dem es um die globalisierte Nahrungsmittelproduktion geht. Der Dokumentarfilmer Erwin Wagenhofer ist in einige Länder gereist und hat dort mit Menschen gesprochen, die in der Nahrungsmittelproduktion arbeiten und sie befragt über die aktuellen Herstellungsmethoden und deren Veränderung. Es ist schon beeindruckend, dass mal alles so geballt vorgeführt zu bekommen. In Wien wird jeden Tag so viel Brot vernichtet, wie gleichzeitig in Graz konsumiert wird. Die Fischerei in Europa wird komplett industrialisiert, was qualitativ schlechteren Fisch zur Folge hat. In Spanien sind riesige Gebiete mit Treibhäusern überzogen, in denen Gemüse produziert wird und deren Arbeiter in ärmlichen Verhältnissen hausen müssen. Gemüse aus Europa wird hoch subventioniert und in Afrika zu einem Drittel der Preise angeboten, die einheimische Erzeuger verlangen müssen. Dadurch wird der Bevölkerung die Lebensgrundlage entzogen. In Brasilien wurde seit 1975 der Regenwald in einer Fläche gerodet, die der Größe von Frankreich und Portugal entspricht. Dort wird massenhaft Soja angebaut, obwohl der Boden dafür gar nicht sonderlich geeignet ist. Mit dem Soja wird dann Vieh gemästet für den Weltmarkt. In Rumänien wird auf Hochleistunssaatgut umgestellt, das die traditionelle Landwirtschaft vor Ort zerstören wird und zwar optisch schöneres Gemüse hervorbringt, das allerdings einen verminderten Geschmack hat. Aber das Schlimmste fand ich ja: Jede Sekunde stirbt weltweit ein Kind an Unterernährung, obwohl mit der bestehenden Landwirtschaft eine Weltbevölkerung von 12 Milliarden Menschen versorgt werden könnte. Gut an dem Film fand ich, dass nicht versucht wird, mit erhobenem Zeigefinger zu missionieren, sondern es werden einfach die bestehenden Methoden der weltweiten Nahrungsmittelproduktion dargestellt.
Ich kann den Film nur jedem empfehlen – eigentlich sollte sich jeder einmal so etwas anschauen, denn ich finde man denkt einfach zu wenig über diese Dinge nach und man weiß auch zu wenig. Nur wenn das Bewusstsein für die Probleme da ist, kann man vielleicht einmal damit anfangen, dafür bessere Lösungen zu finden. Aufhalten kann die Globalisierung wohl keiner mehr, aber wir können das Beste für alle daraus machen...wenn wir wollen.

Link zur Film-Homepage (mit Trailer):

We Feed The World

Foodwatch - Die Essensretter

Donnerstag, April 27, 2006

The Organ - Ampere München 26.04.06


The Organ, das sind fünf Mädels aus Kanada, die wunderbar melancholische Gitarrenmusik machen, mit schön verzweifelten Texten. Anscheinend scheint in Vancouver nicht oft die Sonne, denn so wie die fünf mit ihren traurigen Gesichtern auf der Bühne stehen, möchte man sie am liebsten alle in den Arm nehmen und ihnen sagen, dass es irgendwie doch ein Morgen geben wird. Nur die Bassistin und die Keyboarderin verraten einmal durch ein kurzes Lächeln, dass ihnen das doch Spass macht, auf der Bühne zu stehen. Erst später am Merchandise-Stand fällt die Maske ab und es darf sogar gelacht werden. Die Bassistin Ashley Webber bekommt von mir ausserdem den Preis für die "coolste und sympathischste Frau am Bass" und tritt damit die Nachfolge von Kathy Valentine (The Go-Go's) an. Und die Gitarristin Debora Cohen spielt die schönsten Johnny Marr-Gedächtnis-Licks seitdem sich The Smiths aufgelöst haben. Ein tolles Konzert, das aber leider viel zu kurz ist - bereits nach nicht mal 40 Minuten entlassen The Organ ihr Publikum wieder in die Dunkelheit über München.

"Oh, darkness filled the sky as pools of water filled your eyes
they sparkled like phosphorescence in the bay
although our lips barely touched
i have never felt so much
and i'd really like to feel that way again
oh, oh when?"

The Organ - offizielle Homepage

Sonntag, April 23, 2006

Weltprobleme


Schon wieder ein Buch. "Weltprobleme - Globale Herausforderungen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert", der Untertitel sagt es schon, dass es nicht mehr sehr aktuell ist, nämlich von 1995. Damals hab ich es mir von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung geholt und seitdem stand es im Regal. Geändert hat sich aber seitdem nicht viel - folgende Themen werden mit jeweils einem sehr ausführlichen Überblick behandelt:

- Bevölkerungswachstum
- Weltgesundheitslage
- Menschenrechte
- Situation der Frauen
- Weltflüchtlingsproblem
- Sicherheitspolitik/Abrüstung
- Umweltprobleme: Klima - Wasser - Land
- Ernährung
- Regulierung des Welthandels (WTO)
- Internationaler Rohstoffhandel
- Energie - Gewinnung/Alternativen

Ich fand es sehr interessant. Zum Großteil sind die Abhandlungen eher wissenschaftlich geschrieben und auch sehr ausführlich, daher fällt das Lesen manchmal ein bisschen schwer auf die Dauer (vor allem, wenn man sich, wie ich, nicht ständig mit sowas beschäftigt). Es ist aber gut geeignet, um einen Überblick zu bekommen, über die wichtigsten Probleme, die uns alle betreffen und noch gelöst werden müssen.

Das Buch gibt es inzwischen in einer aktualisierten Auflage von 2001 und zwar kostenlos bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Dort darf sich jeder Bundesbürger pro Jahr 10 Bücher abholen (oder zusenden lassen) und das umsonst!

Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit

"Wer will, dass die Welt bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt" Erich Fried

Dienstag, April 18, 2006

A Long Way Down


Ein Buch! Ein Buch! Auf Nick Hornby bin ich ja ursprünglich über den Film zu "High Fidelity" gekommen (sehr guter Film übrigens) und hatte dann seine Bücher gelesen, in denen es um Musik geht - eben "High Fidelity" und "31 Songs" (alle im Original). Seine anderen Bücher hatte ich bisher nicht angefasst, da ich keine Bücher über Fussball oder Enten lesen will. Nachdem ich letztes Jahr dann "A long way down" kurz nach der Veröffentlichung in die Finger bekam, hat mich die Beschreibung doch neugierig gemacht und da ich noch einen Bücher-Gutschein einzulösen hatte, hab ich es auch mitgenommen. Zum Lesen bin ich aber erst jetzt gekommen. Der Inhalt kurz zusammengefasst: Vier Leute treffen sich an Neujahr zufällig auf einem Hausdach um ihr Leben zu beenden (durch Runterspringen = "The short way down". Natürlich kommt es dann erstmal doch nicht dazu (wär ja sonst ein kurzes Buch) und im Laufe der Geschichte lernen sich die vier sehr unterschiedlichen Charaktere immer mehr kennen und versuchen sich gegenseitig von einem weiteren Selbstmorplan abzubringen.
Ich fand es ganz gut. Nick Hornby schreibt ein gutes Englisch (soweit ich das beurteilen kann), das sich auch recht flüssig lesen lässt und bringt den Leser mit vielen interessanten Gedanken und plötzlichen Wendungen zum Weiterlesen. Gut fand ich auch die Erzählweise, in der abwechselnd jeder die Geschichte aus seiner Sicht weiterzählt. Das trägt viel dazu bei, die Hintergründe der Beteiligten besser zu verstehen. Schade fand ich nur, dass ich mich mit keinem der Charaktere so richtig identifizieren konnte (ganz anders ja bei "High Fidelity") und die auch alle ein wenig unsympathisch sind. Bis auf Maureen vielleicht, aber mit einer über 50jährigen alleinstehenden Mutter kann ich mich jetzt auch nicht so gut vergleichen :-) Also, wer mal wieder ein bisschen Englisch üben möchte, kann ruhig zugreifen. Wer noch nichts von Nick Hornby kennt, liest aber lieber "High Fidelity".

Montag, April 17, 2006

Kindergarten der Selbstzensur


Während ich das hier schreibe, schau ich mir die "Welcome to Sunny Florida"-DVD von Tori Amos an und da fällt mir schon wieder diese lächerliche Selbstzensur auf. Bei "Professional Widow" singt sie mehrmals das Wort "Starfucker", aber das wurde so verändert, dass nur "Star..." zu hören ist. Und das Ende mit dem langezogenen "And a hard Coooooock!" ist so leise, dass man nichts verstehen kann (da haben sie sich wohl nicht getraut, es komplett auszublenden, weil man ja die Mundbewegung sieht). Da frag ich mich wieder - warum machen die sowas? Ist denen das nicht selber peinlich? Mein erster Gedanke war "Die Amis sind halt einfach Deppen", aber nach kurzem Überlegen könnte ich eine Lösung gefunden haben: In dem Buch "No Logo" (das übrigens sehr gut ist) wird aufgedeckt, dass in USA viele Medienschaffende bereits im Vorfeld Selbstzensur betreiben, da ihre Produkte sonst nicht bei WalMart aufgenommen werden. Und WalMart ist gerade in den USA verdammt mächtig. Artikel mit anstössigem Inhalt werden vorher auf ihre WalMart-Tauglichkeit abgeklopft und CDs mit "Explicit Lyrics"-Aufklebern kommen auch nicht ins Sortiment. Ziemlich übel alles. Jetzt weiß ich nicht, ob es diesen Aufkleber auch für Musik-DVDs gibt, aber wenn ja, dann wollten sie vielleicht durch ihre Selbstzensur verhindern, für viele potientelle Kunden nicht präsent zu sein? Naja, es bleibt lächerlich. Und warum gibt es dann nicht wenigstens eine "Europe Edition" für Leute, deren Welt nicht gleich zusammenbricht, wenn sie Worte wie "Fuck" oder "Cock" hören? Also - WalMart & Co. boykottieren! Frei nach Tocotronic: Das Böse muss zurückgeschlagen werden!

Ansonsten ist die DVD ja ganz schön. Besonders die überraschenden Versionen von "Crucify" und "Father Lucifer" lohnen sich allein schon. Und dann liegt auch noch eine CD bei mit sechs neuen Songperlen bei. Schlimm ist allerdings, der Fetzen, den Tori wieder anhat - die bräuchte mal einen Stilberater :-)

"You can't become something that you're not, you just can't" T. Amos